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Olumiant®
Baricitinib
Inhibitor der Januskinasen 1 und 2
Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, können nun mit Baricitinib (Olumiant®) behandelt werden. Dieser Inhibitor der Januskinasen 1 und 2 (JAK 1 und 2) wird als Monotherapeutikum oder in Kombination mit dem Folsäure-Antagonisten Methotrexat (MTX) eingesetzt.
Baricitinib
ATC-Code
L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel
L04: Immunsuppressiva
L04A: Immunsuppressiva
L04AA: Selektive Immunsuppressiva
L04AA37: Baricitinib
Wirkungsmechanismus
Januskinasen (JAK) sind zytoplasmatische Tyrosinkinasen, die an der Zytokin-Rezeptor-vermittelten Signalweiterleitung beteiligt sind und unter anderem eine wichtige Rolle bei immunologischen und inflammatorischen Prozessen spielen. Sie sind nach dem doppelköpfigen römischen Gott Janus benannt, da sie zwei ähnliche Proteindomänen besitzen, von denen aber nur eine funktional ist. Nach dem Andocken eines Signalmoleküls an Zytokin-Rezeptoren phosphorylieren die Januskinasen sogenannte STAT-Proteine (Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription), und es kommt es zu einer Aktivierung des JAK-STAT-Signalwegs. Die phosphorylierten STAT-Proteine bewegen sich zum Zellkern, wo sie als Transkriptionsfaktoren die Replikation spezifischer Zielgene stimulieren. Auf diese Weise vermitteln viele Zytokine, Interferone, Interleukine, Erythropoetin, Wachstumshormone und Prolaktin ihre Wirkungen. Baricitinib ist ein selektiver und reversibler Inhibitor von JAK 1 und JAK 2. Die Substanz führt zu einer reduzierten Phosphorylierung und Aktivierung von STATs. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis wird durch Baricitinib die Proliferation von Entzündungszellen gehemmt und so eine relevante Besserung der Symptome erreicht.
Pharmakokinetik
Resorption: Nach peroraler Applikation werden bereits innerhalb von etwa einer Stunde maximale Plasmaspiegel gemessen. Die Bioverfügbarkeit beträgt 79%.
Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Baricitinib liegt bei 50%, das Verteilungsvolumen bei 76 Litern, was auf eine gute Verteilung in die Gewebe hindeutet.
Metabolismus: Nur etwa 10% einer Dosis unterliegen einer Biotransformation durch CYP3A4. Bislang wurden vier oxidative Metaboliten identifiziert.
Exkretion: Baricitinib erscheint zu 70 bis 75% im Urin und zu 15 bis 20% in den Fäzes, überwiegend in unveränderter Form. Die renale Ausscheidung findet mittels glomerulärer Filtration und aktiver Sekretion über die Transporter Organische-Anionen-Transporter Typ 3 (OAT3), P-Glycoprotein (P-gp), Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) und Multidrug and Toxin Extrusion Protein 2/Kidney (MATE2-K) statt. Die Eliminationshalbwertszeit wird mit etwa 12,5 Stunden angegeben.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Baricitinib wird normalerweise in einer Dosierung von einmal täglich 4 mg, unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Bei anhaltender Erkrankungskontrolle durch Applikation von 4 mg täglich kann eine reduzierte Tagesdosis von 2 mg in Betracht gezogen werden. Auch bei Patienten ab 75 Jahren, bei mäßiger Niereninsuffizienz, gleichzeitiger Anwendung von starken OAT-3-Inhibitoren (z. B. Probenecid) oder bei chronischen bzw. rezidivierenden Infektionen in der Vorgeschichte sollte eine Dosisreduktion auf 2 mg pro Tag erwogen werden. Falls die absolute Neutrophilenzahl unter 1 × 109 Zellen/l, die absolute Lymphozytenzahl unter 0,5 × 109 Zellen/l oder der Hämoglobin-Wert unter 8 g/dl abfallen, wird empfohlen, die Therapie bis zur Erholung dieser Werte vorübergehend zu unterbrechen. Bei stark eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion sollte die Anwendung von Baricitinib vermieden werden.
Kontraindikationen
Bei Überempfindlichkeit gegen Baricitinib und in der Schwangerschaft besteht eine Kontraindikation.
Unerwünschte Wirkungen
Während der Behandlung mit Baricitinib kommt es sehr häufig zu Infektionen der oberen Atemwege und zu Hypercholesterinämie. Häufig werden Übelkeit, erhöhte Alanin-Aminotransaminase-Werte, Thrombozytose, Gastroenteritis sowie Herpes-zoster-, Herpes-simplex- und Harnwegsinfektionen berichtet. Gelegentlich treten Neutropenie, Hypertriglyceridämie, Akne, Gewichtszunahmen sowie erhöhte Aspartat-Aminotransaminase- und Creatin-Phosphokinase-Werte auf.
Wechselwirkungen
Durch Immunsuppressiva wie Azathioprin, Tacrolimus oder Ciclosporin und biologische DMARDs wie Adalimumab oder Etanercept besteht bei kombinierter Anwendung mit Baricitinib eine erhöhte Gefahr für additive immunsuppressive Wirkungen. Als Folge können verstärkt Infektionserkrankungen auftreten. Starke OAT-3-Inhibitoren wie Probenecid führen aufgrund einer verlangsamten renalen Exkretion des OAT-3-Substrats Baricitinib möglicherweise zu einer relevanten Erhöhung von dessen Plasmaspiegeln. Der JAK-Inhibitor sollte daher zur Sicherheit bei nicht vermeidbarem gleichzeitigem Einsatz niedriger dosiert werden. Daten zum Ansprechen auf Lebend- oder inaktivierte Impfstoffe unter Baricitinib liegen bislang nicht vor. Daher wird die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen während oder unmittelbar vor einer Behandlung nicht empfohlen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Baricitinib ist mit der Gefahr von Virusreaktivierungen, beispielsweise von Herpes-Viren, assoziiert. Ohnehin sollten Patienten mit aktiven, chronischen oder wiederkehrenden Infektionen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung behandelt werden. Insbesondere bei aktiver Tuberkulose wird von einer Therapie mit Baricitinib abgeraten. Falls Infektionserkrankungen wie Herpes-zoster-Infektionen auftreten oder die Neutrophilen-, Lymphozyten- oder Hämoglobinwerte absinken, kann ein zeitweises Absetzen von Baricitinib erforderlich sein. Vor allem bei älteren Patienten ist unter der Behandlung das Risiko einer Lymphozytose erhöht. Zum Einsatz von Baricitinib bei Patienten mit aktiver Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektion liegen keine Erfahrungen vor. Während der Applikation von Baricitinib muss mit einer Erhöhung der Blutlipid- und der Lebertransaminasen-Werte gerechnet werden. Eine Überwachung der entsprechenden Parameter ist daher angeraten. Falls eine arzneimittelbedingte Leberschädigung vermutet wird, ist Baricitinib vorübergehend abzusetzen. Zur Behandlung von Patienten über 75 Jahren sowie von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind nur sehr begrenzte bzw. keine Daten verfügbar.
Schwangerschaft und Stillzeit
Baricitinib darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Der JAK-STAT-Signalweg hat Einfluss auf Zelladhäsion und Zellpolarität und somit möglicherweise auch auf die frühe embryonale Entwicklung. Tierexperimentelle Studien zeigten zudem Reproduktionstoxizität und Teratogenität. Weiterhin wird in höheren Dosen die intrauterine Knochenentwicklung beeinträchtigt. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu einer Woche nach Beendigung einer Baricitinib-Therapie eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Aufgrund fehlender Daten zur Anwendung der Substanz während der Stillzeit kann ein Risiko für den gestillten Säugling derzeit nicht ausgeschlossen werden. Im Tierversuch geht Baricitinib in die Milch über. Zur Sicherheit muss daher eine Entscheidung getroffen werden, ob auf das Stillen oder die Behandlung mit dem JAK-Inhibitor verzichtet werden soll.
Handelspräparat Olumiant®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
2 oder 4 mg Baricitinib
Sonstige Bestandteile
mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat (Ph. Eur.), Mannitol (Ph. Eur.), Eisen(III)-oxid (E172), Phospholipide aus Sojabohnen (E322), Macrogol, Poly(vinylalkohol), Talkum, Titandioxid (E171)
Packungsgrößen, Preise, PZN
28 Filmtabletten à 2 mg, 1465,95 Euro, PZN 12652854; 98 Filmtabletten à 2 mg, 4994,19 Euro, PZN 12652908;
28 Filmtabletten à 4 mg, 1465,95 Euro, PZN 12652920; 98 Filmtabletten à 4 mg, 4994,19 Euro, PZN 12652943
Indikation
mittelschwere bis schwere aktive rheumatoide Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, als Monotherapeutikum oder in Kombination mit Methotrexat
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 4 mg einmal täglich. Eine Dosis von 2 mg täglich ist beispielsweise für Patienten ab 75 Jahren und mit chronischen bzw. wiederkehrenden Infekten in der Vorgeschichte angeraten.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen Baricitinib, Schwangerschaft
Unerwünschte Wirkungen
Die am häufigsten berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die bei mindestens 2% der mit Bairicitinib allein oder in Kombination mit konventionellen synthetischen DMARDs behandelten Patienten auftraten, waren erhöhtes LDL-Cholesterin (33,6%), Infektionen der oberen Atemwege (14,7%) und Übelkeit (2,8%).
Wechselwirkungen
Bei gemeinsamer Anwendung von Baricitinib mit potenten Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin, Tacrolimus oder Ciclosporin) besteht das Risiko eines additiven immunsuppressiven Effekts. Baricitinib ist ein Substrat für den Organische-Anionen-Transporter 3 (OAT 3), daher beträgt die empfohlene Dosis bei gleichzeitiger Anwendung von starken OAT-3-Inhibitoren wie etwa Probenecid nur einmal täglich 2 mg. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass Baricitinib ein klinisch relevanter Inhibitor des Organische-Kationen-Transporters 1 (OCT 1) ist.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Baricitinib ist mit einer erhöhten Infektionsrate wie etwa Infektionen der oberen Atemwege verbunden. Auch Virusreaktivierungen, einschließlich der Reaktivierung von Herpes-Viren (z. B. Herpes zoster oder simplex), wurden in klinischen Studien berichtet. Bei Patienten, bei denen eine absolute Neutrophilenzahl unter 1 × 109 Zellen/l, eine absolute Lymphozytenzahl unter 0,5 × 109 Zellen/l oder ein Hämoglobinwert unter 8 g/dl beobachtet wird, sollte eine Baricitinib-Therapie nicht begonnen bzw. diese vorübergehend unterbrochen werden.
Literatur
Fachinformation zu Olumiant®, Stand Februar 2017
Taylor PC, Keystone EC, van der Heijde D, Weinblatt ME et al. Baricitinib versus placebo or adalimumab in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2017;376(7):652-662
Genovese MC, Kremer J, Zamani O, Ludivico C et al. Baricitinib in patients with refractory rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2016;374(13):1243-1252
Dougados M, van der Heijde D, Chen YC, Greenwald M et al. Baricitinib in patients with inadequate response or intolerance to conventional synthetic DMARDs: results from the RA-BUILD study. Ann Rheum Dis 2017;76(1):88-95
Fleischmann R, Schiff M, van der Heijde D, Ramos-Remus C et al. Baricitinib, methotrexate, or combination in patients with rheumatoid arthritis and no or limited prior disease-modifying antirheumatic drug treatment. Arthritis Rheumatol 2017;69(3):506-517
EPAR summary for the public. Oluminant® Baricitinib. EMA/868827/2016; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu
01.04.2017